Monitoring von Kunststoffalterung

Auch Kunststoffe altern. Deshalb ist die Vorhersage der Lebensdauer für Kunststoffe in Außenanwendungen besonders wichtig. Korrosionsschutzbeschichtungen, harzbasierte Komposite für Windkraftanlagen und nicht zuletzt Bauteile in Autos, Bahnen oder Flugzeugen verlangen Langzeitstabilität. Da lange Prüfzeiten hohe Kosten verursachen und die Entwicklung verzögern, besteht seitens der Industrie seit langem der Wunsch nach kürzeren Prüfzyklen. Ein Weg der Zeitraffung ist die simulierte Bewitterung im Labor. Vielfach gelingt es jedoch nicht, die Ergebnisse der Freibewitterung nachzustellen. Abhilfe wird von zugeschnittenen Bewitterungszyklen und aussagekräftigen Früherkennungsmethoden erwartet.

Ultraschallsensoren zur parallelen Charakterisierung von Beschichtungen in einem Gerät zur simulierten Bewitterung
Bewitterungsgerät mit einem höhenverschiebbaren Magneten für orts- und zeitaufgelöste Messungen mit Kernresonanzspektroskopie (uni laterale Festkörper-NMR)
Untersuchung eines beschädigten Solarmoduls mit einem Ultraschallmikroskop (links) und Ultraschallbild der Lackablösung von einem Metallblech (rechts)

Verfolgung von Alterung und Schädigung

Bei der Kunststoffalterung läuft ein Wechselspiel vieler physikalischer und chemischer Prozesse ab: Bei hohen Temperaturen beschleunigen sich die molekularen Prozesse. Wasser oder organische Medien können in den Kunststoff eindringen und das Materialgefüge verändern. Additive werden ausgetrieben, und nicht zuletzt führen chemische Prozesse zur Materialversprödung oder zur Spaltung der Makromoleküle. Für die Lebensdauervorhersage muss man diese Prozesse erfassen, verstehen und in Modelle umsetzen.

Das erfordert aufwändige Dauerstandsversuche unter realistischen Umgebungsbedingungen. Gleichzeitig sind Schadensentstehung und -fortschritt zeitlich und räumlich zu erfassen. Im Bereich Kunststoffe stehen im Fraunhofer LBF geeignete Mess- und Prüftechnik zur Erfassung der Kunststoffalterung und das zugehörige Wissen zur Verfügung. Beispielsweise wurden Ultraschallmesstechnik und ortsauflösende kernmagnetische Resonanzspektroskopie (unilateral NMR) in Bewitterungsgeräte integriert. Die In-Situ-Verfolgung der Materialveränderung erlaubt die Optimierung von Bewitterungszyklen. Eine zerstörungsfreie Prüfung der bewitterten Polymerbeschichtungen für Automobilanwendungen oder den Flugzeugbau erfolgt beispielsweise mit der weiterentwickelten Ultraschallmikroskopie. Signal- und Bildverarbeitungsmethoden erlauben die frühzeitige Erkennung und quantitative Bewertung von Schäden. Klassische Strukturaufklärung mit bildgebendenund Streumethoden, dynamisch-mechanischer Analyse oder Differenzkalorimetrie ergänzen diese Spezialmethoden. Zur Erfassung chemischer Veränderungen dienen überdies Methoden zur Molmassenbestimmung und die optische Spektroskopie.

Neues Labor für Feuchte und Lösungsmittelwirkung

Bereits geringe Mengen an Wasser oder organischen Substanzen können als „Weichmacher“ im Kunststoff wirken und das Materialgefüge nachhaltig verändern. Um Feuchteaufnahme und Sorption von organischen Substanzen zu erfassen, wurden aus Mitteln des Landes Hessen zwei neue Messplätze aufgebaut. Am Fraunhofer LBF im Bereich Kunststoffe sind nun Sorption- und Diffusionsmessungen bei verschiedenen Luftfeuchten und Temperaturen sowie in organischen Flüssigkeiten möglich. Zudem wurde ein neuer Messplatz zur dynamisch-mechanischen Analyse unter Feuchte und in Lösungsmitteln installiert.