Zuverlässigkeit, Sensorik, Simulation

Auf dem Weg zum »Gewichts-Blitzer«: Forschungsprojekt sorgt für höhere Zuverlässigkeit bei Gewichtskontrolle fahrender LKW

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Wenn es auf der Straße blitzt, weiß jeder Autofahrer, dass er zu schnell unterwegs ist oder eine rote Ampel nicht beachtet hat. Ähnliches könnte – in abgewandelter Form – in naher Zukunft auch überladene LKW treffen. Weil stark zunehmende Fahrzeugzahlen und steigende Gewichte zu Straßenabnutzung und Brückenschäden führen, besteht von staatlicher Seite Interesse daran, Weigh-In-Motion (WIM)-Systeme soweit zu verbessern, dass die Gewichte von Fahrzeugen auch auf Autobahnen sicher erfasst werden können. In dem Forschungsprojekt »LiBra« – Lasten in Bewegung rechtssicher aufzeichnen – untersuchen Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF detailliert die Messungenauigkeiten und die Systemzuverlässigkeit solcher WIM-Systeme. Dies soll dabei helfen, solche Systeme in Zukunft als standardisiertes und gerichtfestes Messverfahren zulassen zu können. Damit ließe sich eine Gewichtskontrolle etablieren, die ähnlich einem Geschwindigkeits- oder Rotlicht-Blitzer direkt gerichtsfeste Beweise liefert.

Vom Fraunhofer LBF gemessene radseitige Kräfte entsprechen Belastungen, denen Straßen ausgesetzt sind.
Straßenseitige Sensorik hilft, den Verkehr zu überwachen.
Straßenseitige Sensorik hilft, den Verkehr zu überwachen.
Simulierte Druckverteilung im Reifenlatsch zu einem Zeitpunkt (links) und resultierende WIM-Sensorkraft als Funktion der Zeit.

Überladene Fahrzeuge stellen ein wesentliches Problem für den Straßenverkehr dar. Daher sind genaue und zuverlässige Messungen der Achslasten von LKW nötig, um die Überladung zu überwachen und eventuelle Maßnahmen vorzeitig zu ergreifen. Ein zu hohes Gewicht vermindert die Fahrstabilität sowie -sicherheit von LKW und vergrößert damit das Risiko für Verkehrsunfälle. Darüber hinaus führt die erhöhte Beanspruchung der Straßen zu stärkeren Schäden an der gesamten Fahrbahn sowie Brücken. Die Folge sind volkswirtschaftliche Kosten, die die Gesellschaft zu tragen hat.

Zur Gewichtsermittlung werden Fahrzeuge bislang typischerweise nach einer Vorselektion aus dem Verkehr genommen und statisch auf geeichten Waagen mit sehr hoher Messgenauigkeit gewogen. Bis Mitte der 1990er Jahre war dieses System der einzige Weg, gerichtsfeste Verwägungen vorzunehmen. Trotz der sehr guten Genauigkeit hat dieses Verfahren jedoch Nachteile: Nur wenige Fahrzeuge können exemplarisch oder im Fall eines Verdachts gewogen werden. Zudem sind die Aufwände an Zeit, Personen und Kosten hoch, und die Umleitung der zu wiegenden Fahrzeuge wirkt sich negativ auf den Verkehr aus.

Komplexe Gewichtssensorik erfordert detailliertes Systemverständnis

Weigh-In-Motion-Systeme ermöglichen eine lückenlose und automatische Überprüfung des Gewichts und der Achslasten der Fahrzeuge während der Fahrt, wobei die Messgenauigkeit von einer Vielzahl an Einflussfaktoren abhängig ist. Ziel des Projektes LiBra ist daher eine umfassende simulationsbasierte Unsicherheitsbewertung eines Weigh-In-Motion-Systems (WIM-Systems). Das Messsystem soll geeignet sein, schnell überfahrende LKW so zu verwiegen, dass die Fehlereinflüsse auf die Messgenauigkeit minimiert werden. Diese Unsicherheitsbetrachtung bezieht als Einflussfaktoren des WIM-Systems die Unsicherheiten der Kraftmesseinrichtung (Sensorik), die Fahrdynamischen Kräfte aus Fahrmanövern und Straßenunebenheiten, die Fahrzeugeigenschaften sowie die Verrechnung der Messsignale mit ein.

Mit Hilfe eines detaillierten Mehrkörpersimulationsmodells des Reifen-Sensor-Kontaktes, eines strukturdynamischen Sensormodells und einem Fahrdynamikmodell des Ganzfahrzeugs haben Wissenschaftler des Fraunhofer LBF mehrere Simulationen mit Variation der Einflussfaktoren und Parameter durchgeführt. Die im Projekt LiBra erzielten Ergebnisse dienen als quantitative Aussage der Relevanz der wesentlichen Einflussfaktoren und Parameter eines WIM-Systems für die Qualität und Zuverlässigkeit der Gewichtsmessung.

Überwachungsquote verbessern und Straßenstruktur schonen

Das Projekt LiBra leistet mit seinen generischen Aussagen einen Beitrag zur Entwicklung eichfähiger und gerichtsfester Systeme. Würden solche Systeme im Straßennetz umgesetzt und installiert, ließe sich die Überladung reduzieren und die Straßenstruktur dadurch schonen. Zwar gelten auch heute schon strikte Grenzen für Gesamtgewichte und Achslasten. Deren weit verbreitete oder sogar lückenlose Überprüfung ist mit dem aktuellen, üblichen Vorgehen jedoch nicht möglich. Darunter leidet die – notfalls gerichtliche – Durchsetzung der vorgegebenen Grenzen. Auf Grundlage der Ergebnisse des LiBra Projektes sollen Systeme entwickelt werden, mit denen die Überwachungsquote verbessert und letztendlich die Straßenstruktur geschont wird.

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