Die dynamisch-mechanische Analyse (DMA) oder dynamisch-mechanische thermische Analyse (DMTA) ermöglicht eine umfassende Bestimmung der linearen mechanischen Eigenschaften von Polymermaterialien bei verschiedenen Temperaturen und Frequenzen. Eine Besonderheit ist die Erfassung der mechanischen Eigenschaften unter Feuchte und Lösungsmitteln. Die Methode ist auf polymere Festkörper, Schmelzen, Lösungen und Dispersionen anwendbar und kann auch für die zeitaufgelöste Verfolgung von chemischen Materialveränderungen, wie der Vernetzung, der Harzhärtung oder dem thermischen Abbau, verwendet werden.
Polymere sind viskoelastische Materialien, d. h. sie zeigen gleichzeitig viskose und elastische Eigenschaften. Das viskoelastische Verhalten hängt von der Temperatur und der Messfrequenz bzw. der Scherrate ab. Aus temperaturabhängigen Messungen bei verschiedenen Frequenzen können unter Verwendung der Frequenz-Temperatur-Äquivalenz sogenannte »Masterkurven« erstellt werden. Unter isothermen Bedingungen können Kriechversuche oder Spannungsrelaxationsexperimente durchgeführt werden.
Aus den Änderungen der rheologischen bzw. mechanischen Eigenschaften können Glasübergangstemperatur, Kristallisations- und Schmelztemperatur bestimmt und andere Phasenübergänge erfasst werden. Hierzu werden temperaturabhängige Experimente bei einer oder mehreren Messfrequenzen durchgeführt. Zeitabhängige Vorgänge wie Kristallisation, Vernetzung oder Abbau können in isothermen Experimenten verfolgt werden.
Auswerteprogramme ermöglichen die Transformation der viskoelastischen Materialfunktionen aus der Frequenzdomäne in die Zeitdomäne oder umgekehrt (Laplace-Transformation). Zur Beschreibung des mechanischen Relaxationsverhaltens werden die Messdaten an Materialmodelle angepasst (z. B. mit Prony-Reihen).
Verschiedene Messgeometrien, wie Torsion und 3-Punkt-Biegung von Stäben, Single-Cantilever und Dual-Cantilever, Platte-Platte-, Platte-Kegel- oder Couette-Geometrie erlauben die Bestimmung von:
Die Messparameter sind:
Eine Besonderheit sind Untersuchungen unter definierter Luftfeuchtigkeit, in Wasser und organischen Flüssigkeiten (Öle, Fette).
Folgende Geräte stehen zur Charakterisierung von Thermoplasten, Elastomeren und Duromeren zur Verfügung:
ARES (TA Instruments)
Messgrößen: dynamischer Schubmodul, dynamische Viskosität, Elastizitätsmodul (Folien)
Messgeometrien: Torsion rectangular, Platte-Platte, Platte-Kegel, Couette, Foliendehnung
Temperaturbereich: -150 °C bis 600 °C
Frequenzbereich: 0.001 Hz bis 30 Hz
Q800 (TA Instruments)
Messgrößen: Elastizitätsmodul, dynamischer Schubmodul, Biegemodul, Kompressionsmodul
Messgeometrien: Zug-Dehnung, Single- und Dual-Cantilever, 3-Punkt-Biegung, Kompression (Platte-Platte)
Temperaturbereich: -145 °C bis 600 °C
Frequenzbereich: 0.01 Hz bis 200 Hz
Besonderheit: Regelung der Luftfeuchtigkeit, Immersion in Wasser oder organischen Flüssigkeiten
Gekoppelte rheologische und elektrische Messungen
Messgrößen: Dynamischer Schubmodul, dynamische Viskosität, AC- und DC-Leitfähigkeit, komplexe dielektrische Funktion
Messgeometrien: Platte-Platte, Platte-Kegel, Couette mit unterschiedlichen Elektrodengeometrien
Temperaturbereich: -150 °C bis 300 °C
Frequenzbereich: 0.001 Hz bis 30 Hz
Untersuchungen mit dynamisch-mechanischer Analyse bzw. Rheologie sind entscheidend für die Materialauswahl, der Materialcharakterisierung, Werkstoff- und Produktentwicklung und liefern Materialdaten für die Simulation. Des Weiteren erlauben sie, die Wirkmechanismen bei der Alterung unter Medieneinwirkung zu verstehen und die Lebensdauervorhersage zu verbessern.
Kennwertbestimmung
Zeitabhängige Erfassung von Materialveränderungen
Materialdaten für die Simulation
Ein aktuelles Anwendungsbeispiel für die dynamisch-mechanische Analyse sind semipermeable Membrane, die zur Herstellung von Brennstoffzellen eingesetzt werden. Die mechanischen Eigenschaften von Ionomermembranen sind sowohl temperatur- als auch feuchteabhängig und beeinflussen die Sicherheit der Brennstoffzellen. Der Elastizitätsmodul solcher oft nur wenige Mikrometer dicken Membrane kann in Abhängigkeit von Temperatur und Luftfeuchtigkeit sowie vom tatsächlichen Wassergehalt der Membrane bestimmt werden. Dies liefert den Herstellern und Entwicklern von Brennstoffzellen die notwendigen Materialkennwerte und hilft bei der Produktentwicklung (vergl. thermische und hygrische Längenausdehnung).