SuFlaPUR - Nachhaltig flammgeschützte Polyurethan-Schäume

Sicherheit, Nachhaltigkeit und Optimierung von PUR-Formulierungen

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TCPP als Flammschutzmittel in Polyurethanen

Tris(chloroisopropyl)phosphat, kurz TCPP, wird häufig als Flammschutzmittel in Polyurethanen (PUR) verwendet. Derart flammgeschützt ausgerüstete Polyurethane werden häufig in Weichschäumen (z.B. für Matratzen oder Polstermöbel) oder Hartschäumen (z.B. bei Wärmedämmungen für Gebäude) eingesetzt.

Risiken von TCPP für Gesundheit und Umwelt

Die Verbindung TCPP steht im Verdacht, krebserzeugend und schädlich für die Fortpflanzung zu sein.1 TCPP ist jedoch gleichzeitig aufgrund des hohen Chlor- und Phosphorgehalts sowie seiner Flüchtigkeit als Flammschutzmittel sehr wirksam und damit kosteneffizient.2

Während die Flüchtigkeit von TCPP im Brandfall ein Vorteil ist und damit die Wirksamkeit in der Gasphase unterstützt wird, migriert TCPP jedoch auch während der Produktnutzung aus dem Polyurethanschaum. Damit ist die Freisetzung in die Umwelt (z.B. Raumluft) möglich, was aufgrund der Toxizität von TCPP problematisch ist.3

Alternative Flammschutzmittel zu TCPP

Am Markt gibt es neben Produkten auf Basis aliphatischer Chlorphosphate, aliphatischer Phosphate und Phosphonate auch alternative Produkte. Hierzu gehören beispielsweise auch polymere und reaktive Produkte (wie VeriQuel R100). Letztere weisen den Vorteil auf, dass sie in der Matrix chemisch gebunden vorliegen, womit eine Migration wirksam unterdrückt wird. Allerdings sind diese Produkte kostenintensiver, wodurch eine Substitution besonders in kostengetriebenen Anwendungen erschwert wird.

Ziel des Projektes: Optimierte PUR-Formulierungen

Daher ist es das Ziel des vorliegenden Verbundprojektes, am Beispiel ausgewählter Anwendungen und auf Basis marktüblicher sowie literaturbekannter alternativer Flammschutzmittel PUR-Formulierungen zu identifizieren, die hinsichtlich Cost/Performance optimiert sind. Dies kann beispielsweise durch Einsatz synergistischer Mischungen erfolgen.

Darüber hinaus werden im Projekt Korrelationen zwischen der Struktur der eingesetzten Alternative und ihrer Wirkweise in den beispielhaften Formulierungen sowie den resultierenden Flammschutzeigenschaften erarbeitet.

Nutzen für Projektteilnehmer

Den Projektteilnehmern wird somit ein Baukasten zur Auswahl passender Formulierungen und Grundlagen zur Wirkweise der Flammschutzmittel zur Verfügung gestellt, die für die eigene Weiterentwicklung herangezogen werden können. Das Projekt spricht Flammschutzmittelhersteller, Hersteller von Polyurethanen, Systemhäuser und Anwender flammgeschützter Polyurethan-Schäume an.

Schwerpunkte & Vorgehen

Projektschwerpunkte

Zunächst werden die wesentlichen Schwerpunkte aus den Kreisen der Teilnehmer erfasst. Es werden dabei die für die Teilnehmer relevantesten Anwendungen (z.B. auf Basis von Weich- oder Hartschäume) definiert und die zu erfüllenden (Flammschutz-)Anforderungen präzisiert und fokussiert. Auf dieser Basis erfolgt die Festlegung einer oder mehrerer Modell-Rezepturen, anhand derer im weiteren Projektverlauf die Flammschutz-Additivierung untersucht werden soll.

Literatur- und Marktanalyse zu TCPP-freien Alternativen

Daran anschließend wird die offene und Patentliteratur hinsichtlich berichteter TCPP-freier Alternativen durchsucht und eingeordnet. Darüber hinaus wird den Projektteilnehmenden ein umfassender Marktüberblick über Flammschutzmittel für PUR-Schäume zur Verfügung gestellt. Soweit verfügbar, werden insbesondere berichtete Zusammenhänge zwischen Struktur der Flammschutzmittel und Wirkweise bzw. Wirkmechanismus in PUR-Schäumen zusammengetragen und zusammengefasst.

Ableitung und Umsetzung aussichtsreicher Formulierungen

Aus diesen Recherchen werden aussichtsreiche Ansätze und Formulierungen abgeleitet, die in der folgenden, experimentellen Projektphase auf Wirksamkeit hinsichtlich Flammschutz überprüft werden. Hierzu werden die ausgewählten Formulierungen in PUR-Schäumen umgesetzt und Prüfkörper zur Bewertung der Flammschutzeigenschaften (z.B. UL-94, ggf. LOI) im Labormaßstab hergestellt.

Analyse der Wirkweise der Flammschutzmittel

Zur Abklärung der Wirkweise der Flammschutzmittel werden für ausgesuchte Formulierungen weitere Untersuchungen wie die thermogravimetrische Analyse (TGA), Mikroskopie (z.B. Rasterelektronenmikroskopie) oder die Cone Kalorimetrie eingesetzt.

Charakterisierung mechanischer Eigenschaften

Bei vielversprechenden Formulierungen erfolgt außerdem die Charakterisierung des mechanischen Verhaltens (z.B. Kompressionsmodul), um den Einfluss der Flammschutz-Additivierung auf weitere anwendungsrelevante Eigenschaften bewerten zu können. Schwerpunktmäßig werden kommerziell verfügbare Flammschutzmittel und Synergisten verwendet, um sicherzustellen, dass die teilnehmenden Firmen die gefundenen Erkenntnisse auch unmittelbar umsetzen können.

Iterative Testkampagnen und Handlungsempfehlungen

Im Rahmen des Projektes werden bis zu ca. 50 Flammschutzmittel-Kombinationen (aufgeteilt auf 4 – 5 iterative Kampagnen) und einschließlich der beschriebenen Charakterisierung am Fraunhofer LBF durchgeführt. Dabei werden vier bis fünf Kampagnen in Abstimmung mit den Teilnehmenden iterativ durchgeführt und die Erkenntnisse der jeweiligen Kampagne sollen in der jeweils nächsten Kampagne Berücksichtigung finden. Schließlich werden den Teilnehmern Handlungsempfehlungen zu möglichen Substituten, deren Bestandteilen, deren Wirkweise und möglichen Einschränkungen ausgesprochen.

 

Krebsrisiko für Kinder durch Flammschutzmittel in Schaumstoffen, abgerufen am 17.09.2025

2 Journal of Fire Sciences 2025, Vol. 43(2) 115–124

3 Building and Environment 219 (2022) 109156